Interdisziplinäre Zusammenarbeit – Wegmarken in einer weiten Landschaft

Von: Peter Dörflinger, lic. iur. HSG, Rechtsanwalt, Leiter KESB Nordbünden, Vorsitzender der Geschäftsleitung der KESB in Graubünden

Stichwörter: Kindes- und Erwachsenenschutzrecht, Interdisziplinarität, Zusammenarbeit, Rahmen- und Gelingensbedingungen.

Zusammenfassung: An KESB-Entscheide müssen hohe qualitative Anforderungen gestellt werden, weil sie regelmässig in die Grundrechte der Betroffenen eingreifen. Aufgrund der komplexen, mehrdimensionalen Problemstellungen ist der interdisziplinäre Ansatz folgerichtig und zielführend. Entscheidend ist allerdings nicht alleine die Zusammensetzung der KESB mit Vertretern/-innen verschiedener Disziplinen. Vielmehr sind die Abläufe und Prozesse der Entscheidfindung so zu gestalten und gruppendynamische Prozesse so zu beeinflussen, dass die Fachlichkeit und Erfahrung der einzelnen Behördemitglieder in einem entscheidoffenen, strukturierten Entscheidungsprozess adäquat einfliessen können. Im dynamischen Umfeld einer KESB sind die individuellen Eigenschaften und Entwicklungen der am Entscheidprozess beteiligten Personen und die strukturell-organisatorischen Rahmenbedingungen (insbesondere genügend Personalressourcen und die Etablierung einer positiven «KESB-Kultur») mindestens so determinierend wie die Aus- und Weiterbildung der gewählten Behördemitglieder. Anzustreben ist zudem, dass die Behördemitglieder unter Wahrung ihrer disziplinären Fachlichkeit sich vom Rollenstereotyp, das ihrer Disziplin anhängt bzw. zugeschrieben wird, emanzipieren und zu professionellen Kindes- und Erwachsenenschützern/-innen werden.

 

FamPra 1/2015 Seite 98 ff.

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