Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 8 EMRK und ihr Einfluss auf die Schweiz: ausgewählte jüngere Entwicklungen im Bereich des Familienrechts

Von: Michelle Cottier, Prof. Dr., Professorin an der Universität Genf
Judith Wyttenbach, Prof. Dr., Professorin an der Universität Bern

Stichwörter: Europäische Menschenrechtskonvention, Familienrecht, Kindesrecht, Abstammung, Adoption, Fortpflanzungsmedizin, Leihmutterschaft, Namensrecht, gleichgeschlechtliche Partnerschaft, Partnerschaftsgesetz

Zusammenfassung: Die Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Recht auf Privat- und Familienleben in Art. 8 EMRK und zum akzessorischen Diskriminierungsverbot in Art. 14 EMRK haben verschiedene Entwicklungen im schweizerischen Recht beeinflusst, namentlich im Abstammungsrecht, im Adoptionsrecht, bezüglich des Rechts der elterlichen Sorge und des Zugangs zu Daten über die eigene Herkunft oder hinsichtlich der Rechtsprechung zum Anspruch auf Kenntnis der eigenen Vaterschaft (oder Nichtvaterschaft). Die aktuell stattfindende Öffnung gegenüber einer grösseren Vielfalt von Familienformen widerspiegelt die bereits erfolgten Flexibilisierungen in der Familienrechtsgesetzgebung anderer europäischer Länder und wird durch die Rechtsprechung des EGMR massgeblich unterstützt. Namentlich jüngere Urteile des EGMR zum Umgang mit Leihmutterschaftsverhältnissen, zur Feststellung oder aber Anfechtung der Vaterschaft und zu den Rechten von Personen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften könnten die laufenden oder künftige Gesetzesrevisionen in der Schweiz beeinflussen.

  FamPra 1/2016 Seite 75 ff.   www.zeitschriften.recht.ch