Nichtbestehen der Aufnahmeprüfung ans Gymnasium wegen unleserlicher Schrift

Urteil des Bundesgerichts vom 27. April 2015

BGer 2C_974/2014

Die Lehrkräfte und sein Vater hatten beantragt, dass der betroffene Schüler aufgrund von Schwierigkeiten, die auch in einem Bericht des schulpsychologischen Dienstes bestätigt wurden, als Nachteilsausgleich wegen seiner visuomotorischer Schwierigkeiten und seiner durch Stress bedingten Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit einen Teil der Aufnahmeprüfung am Computer absolvieren könne. Diesem Antrag wurde nicht stattgegeben. Das in Art. 8 Abs. 2 BV enthaltene Verbot der mittelbaren Diskriminierung gewährt Personen mit Behinderung einen Anspruch auf formale Prüfungserleichterung, die ihren individuellen Bedürfnissen angepasst sind (sog. Nachteilsausgleich). Die festgestellte erhebliche Störung der motorischen Umsetzung der Ideen auf Papier hat als Behinderung zu gelten (vgl. Art. 2 Abs. 1 BehiG). Die Nichtgewährung eines Computers als Schreibhilfe während der Absolvierung der Aufnahmeprüfung wird als unzulässige Benachteiligung gewertet. Das Nichtgewähren der Nachteilsgewährung erfordert in solchen Fällen eine qualifizierte Begründung. Die vom Verwaltungsgericht angeführte Begründung genügte dieser Anforderung nicht. Das Bundesgericht sah den Anspruch auf formale Anpassung der Aufnahmeprüfung aus dem verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverbot von Art. 8 Abs. 2 BV verletzt. Es sei dafür zu sorgen, dass der betroffene Schüler die Aufnahmeprüfung so rasch als möglich unter Bedingungen absolvieren könne, welche seine Behinderung berücksichtigen.